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un|heimlich

Ausstellung und Rahmenprogramm im Lothringer13_Florida
Eröffnung: Donnerstag, 22. Juni, 19 Uhr mit Performance Ses Alma Rehberi
Öffnungszeiten: 23. Juni – 6. August 2017, Samstag/Sonntag, 16-20 Uhr (jeden ersten Samstag im Monat 12-20 Uhr)

Rahmenprogramm:

Sonntag, 25. Juni,19 Uhr: Walk-through mit der Künstlerin und den Kurator*innen Katja Kobolt, Colin Djukic und Alex Wissel

Samstag, den 22. Juli, 19 Uhr: Screening der NSU-Tribunal-Spots und Talk von/mit Aktivistin und Kulturarbeiterin Ayşe Güleç (Kooperation mit Communities documenta 14)

Sonntag, 23. Juli, 17.30-18.30 Uhr: Semra Ertan/Ihre eigene Stimme, Auszüge aus der Audioarbeit und Künstleringespräch Cana Bilir-Meier mit Kuratorin Katja Kobolt und Künstler*innen Manuela Unverdorben und Ralf Hohman bei Haidhausen ON AIR, partizipative Radio-Installation, Postwiese Haidhausen

Cana Bilir-Meiers Arbeit greift ins Archiv, das zugleich nach dem, was sich als Universell behauptet – Geschichte – fragt, wie auch das Singuläre – Erinnerung – herausgräbt, aufs Neue zusammensetzt und belebt. Die Relation zwischen dem vermeintlich Allgemeinen und dem Persönlichen gestaltet Cana Bilir-Meier aber jenseits eines (formalen) goldenen Schnitts. Vergeblich würde man in ihrer Arbeit nach einer Versöhnung oder Aufhebung suchen. Im Gegenteil, die (Migrations-) Geschichte ihrer Familie zeichnet dabei in personal is political-Manier das Kraftfeld, das Migration umspannt, auf. Leitend dabei ist die Frage nach der Relation zwischen (geopolitischem, wirtschaftlichem, sozialem, alltags/ideologischem) Hintergrund und (einzelner) Figur und ihrer Medialität.

“Wenn sie sagt sie sei unheimlich glücklich heißt es dass sie heimlich unglücklich ist weil sie kein Heim hat” ist eines von rund 350 Gedichten der Schriftstellerin Semra Ertan. Als Zeichen gegen den Rassismus in der Bundesrepublik Deutschland setzte sich die türkische Arbeitsmigrantin 1982 im Alter von nur 25 Jahren selbst in Brand.

In der ersten Einzelausstellung in ihrer Geburtsstadt München zeigt die Künstlerin Cana Bilir-Meier unter dem Titel un|heimlich neben der Video-, Text-, und Soundcollage über ihre Tante Semra Ertan auch weiteres, älteres und neueres Werk, in dem sich Recherche, Medienreflexivität und die Suche nach dem Poetischen verzahnen.

Der Titel der Münchner Ausstellung un|heimlich verweist nicht nur auf das Verborgene (Heimlichkeit) oder Fragen der (nicht)Zugehörigkeit (kein Heim haben), sondern auch auf die Unheimlichkeit des Fremden in der ästhetischen Theorie. Sofern die Sensation des Unheimlichen vor allem durch die Unsicherheit gegenüber dem Fremden und Unvertrauten – welches man nicht zum Leben oder zum Automaten zu verorten weiß – hervorgerufen wird, können die Schatten des (Klassen-) Rassismus dabei neu beleuchtet werden. Wessen Sprache wird als verständlich kodiert, wer wird erhört, und wer stumm zurückgelassen? Cana Bilir-Meiers Arbeit greift so auch in die Unheimlichkeit der Repräsentation ein. Wo und wie kann man über bestimmte Dinge in einer Gesellschaft reden? Wer spricht für wen? Zieht jemand Gewinn daraus, und wenn ja, wer? Und was sind die Konsequenzen des vorgegebenen Rahmens – der Kunst? Kann Kunst Politik generieren oder entschärft als Kunst Gerahmtes zwangsläufig die politische Emergenz und trägt zum gesellschaftlichen (Brot und Spiele)-Status Quo bei?

Katja Kobolt – Lothringer13_Florida

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